Relations Elias Canetti et Léo Marschütz

Elias Canetti a écrit en tête de son roman « Die Blendung » (l’aveuglement) la dédicasse suivante : « Für Léo Marchutz, in Bewunderung seiner edlen und herrlichen Kunst dieses Buch der Verzweiflung » « A Léo Marchutz, ce livre du désespoir en témoignage admiratif de la magnificence et de la noblesse de son art ».

Deux lettres de l’épouse de Elias Canetti adressées à Léo Marchutz

Mrs. Canetti
8 Thurlow rd.
LONDON N.W. 3

6 Juli 59

Lieber Herr Marschütz,

Canetti hat sich mit Ihrem grossen Erfolg sehr sehr gefreut. „Ich liebe seine Arbeiten !“ sagte er ganz aufgeregt. Er wird Ihnen selbst schreiben, aber lieber Herr Marschütz, er ist noch immer nicht mit dem Werk fertig, das er dem Verleger für Feber versprochen hatte !! Ich glaube aber diesmal (ich bin sehr gläubig) dass er jetzt wirklich in 3 Wochen abschickt. Dann bekommen Sie seinen Brief und wenn das Buch einmal erscheint, verspreche ich mir etwas von seinem Einfluss, der sich dann auch für Sie in Germany und hier günstig auswirken wird. Sie haben mich gesehen und auch sicher gemerkt, dass ich ein sehr ernster Mensch bin, der keine leeren Worte macht. (übrigens Ihre Schrift ist bezaubernd). Ob wir dies Jahr nach Aix kommen ist fraglich, doch für nächstes Frühjahr nimmt eine Freundin ein Haus für uns dort.

Bitte empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau, sie kann Deutsch und so wollte ich echte Worte in meiner Sprache sprechen.

Alles Gute und Sie hören in etwas 4 – 6 Wochen von Canetti

Veza Canetti

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Mrs V.J. Canetti
8 Thurlow road
LONDON N.W. 3.

Sehr verehrter Herr Marschütz,
10 April

Canetti dankt Ihnen sehr für ihre Briefe und wird Ihnen auch selber schreiben, doch erst bis er sein Werk abgeschickt hat, was hoffentlich im Mai sein wird. Es ist ein grossartiges Werk, doch heisst das eben auch, wird es sogleich verstanden werden ? Sein Roman setzte sich nur allmählich durch und dann aber mit grossen Ehren. Ich schreibe das aus folgendem Grunde. Wenn Canetti die Anerkennung sofort hat, die er damit verdient, wird es für ihn nicht schwer sein, sich für Sie mit Erfolg einzusetzen, bis jetzt tat es es nur mit Überzeugung. Er hat Sie und Ihre Frau sehr gern, aber glauben Sie mir, das wäre für ihn kein Grund so hartnäckig an Ihrem Werk festzuhalten, wenn er es nicht so liebte. Er schaut sich in seiner freien Zeit die Mappe immer wieder an und zeigt sie Gläubigen und Zweiflern, (die es bei eigenartigen Werken immer gibt). Wenn Sie also noch Geduld haben, ich würde es Ihnen raten, wenn aber nicht, bitte mir zu schreiben denn Aymer fährt in etwa sechs Wochen nach Paris und wird die Mappe dann mitnehmen.

Jetzt habe ich noch etwas, was mich betrifft zu sagen, und bitte um Verzeihung für die Abweichung. Ich möchte nämlich sagen, dass ich während meines Aufenthaltes in Le Tholonet immer nur meine halbe Fleischration ass, denn die andere Hälfte bgab ich unter grossen Schwierigkeiten den Katzen der Mme Tailleux. Die Schwierigkeiten deshalb, weil es die Haushälterin sehr erboste, obwohl es meine Ration war und weil ich es daher bei Tisch tun musste, wobei unser sehr höflicher Gastgeber Sir Aymer doch etwas die Stirn runzelte. Er liess es aber geschehen und war nur beleidigt, dann auf der Rechnung stand jede Woche da Fleisch für die Katzen. Da Katzen aber nicht heulen, ausser sie sind hungrig, musste ich sie füttern, und ich stahl darum auch jede Nacht Milch für sie, wenn die Boirvin gegangen war. Denn sie hat offenbar hungrige Enkelkinder und die Verschwendung verdross sie. Ich bemühte mich, ihr Herz für die Katzen zu erweichen und schrieb ihr noch von London, unter dem Vorwand ihr zu danken. Aber das P.S war mir allein wichtig, ich bat sie darin, die Katzen zu besuchen. Ich beschenkte sie auch, dort, ich tat alles, um die lieben kittens zu retten, ich sprach mit den Wall-girls über die kittens und ihr Futter, und ich hätte gern den Fleischer bezahlt, damit es dass Fleisch schickt, doch die Beleidigung auf allen Seiten wären zu gross gewesen. Ich weiss noch jetzt nicht, was mit ihnen geschehen ist, und denken Sie, ich bin so albern, mir ists wichtig.

Jetzt will ich schliessen und sowie Canetti sein Buch absendet, wird er Ihnen selbst schreiben.

Mit den besten Wünschen und herzlichen Grüssen von Canetti der bis Ende Mai wütend zu arbeiten hat.

Veza Canetti



Lettre d'Elias Canetti à Léo Marchutz

Elias Canetti
8 Thurlow Road
LONDON NW3

8 September 1966

Lieber Freund Leo Marchutz,

Ich könnte mir schon denken, daß Sie es nun, nach über 9 Jahren, schwer über sich bringen, einen Brief von mir anzunehmen. Ich möchte Ihnen aber wenigstens sagen dürfen, daß Sie vor meinem inneren Auge noch genau so intakt und integer da sind wie damals, als ich die Freude hatte, Sie kennenlernen. Daß ich mit Ihren wunderbaren Blättern hier nichts ausgerichtet habe, war für mich beschämend. Aber wenigstens habe ich 6 Jahre damit gelebt und dafür möchte ich Ihnen von Herzen danken.

Von meiner Frau haben Sie damals keine Vorstellung bekommen können. Sie war in einer schweren Depression, als Sie sie kennen lernten und wie sie wirklich war und was ich ihr verdanke – so ungefähr alles – möchte ich Ihnen einmal mündlich sagen. Aber Sie sollen doch wissen, daß wir beide mit Ihren Blättern gelebt haben. Wenn Freunde zu Besuch kamen, gab es einen schönsten Augenblick: der nämlich, in dem wir Ihre Mappe hervorholten. Ihre Lithographien sind nun für mich für immer mit den Gedanken an meine Frau verbunden. Ich kann das Aufleuchten ihrer Augen davon nicht trennen. Seit ihrem Tod hatte ich es nicht mehr gewagt, die Mappe aufzumachen.

Bevor ich sie meinem jungen Freunde Jasper Woodcock auf seine Reise nach Aix mitgab, habe ich noch eine ganze Nacht mit Ihren Lithographien verbracht und Abschied von ihnen genommen. Entschuldigen Sie, daß ich von etwas, das Ihnen fremd und vielleicht sogar peinlich ist, im Zusammenhang mit Ihrem Werk berichte.

Aeußerlich geht es mir wirklich besser. Es gelingt mir allmählich, die Schulden aus unseren schweren Jahrzehnten abzutragen. Meine einzige wahre Schuld, die an meine Frau, werde ich nie abtragen können.

Ich bin jetzt entschloßen, wieder nach Aix zu kommen. 1967 muß mir das gelingen. Ich hoffe, ich werde Sie dann wieder sehen dürfen. In Wien bin ich schon vor einigen Jahren Professor Novotny begegnet und war froh, in ihm einen Freund von Ihnen kennenzulernen.

Jasper Woodcock versprach, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen um Ihnen die Mappe zu überbringen. Für den Fall, daß er zu schüchtern war, sich zu melden, gebe ich hier seine Adresse:
– Jasper Woodcock, chez Mr. Dupin, 11 rue des Epinaux, Aix.

Bitte grüssen Sie Ihre Frau herzlich von mir. Ihnen selbst sendet die allerherzlichste Grüsse Ihr dankbarer Freund

Elias Canetti

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Traduction en français

Elias Canetti
8 Thurlow Road
LONDON NW3

8 Septembre 1966

Cher ami Leo Marchutz,

Je peux m’imaginer, qu’aujourd’hui, après plus de 9 ans, vous ayez du mal à accepter une lettre de moi. Mon souhait est pour le moins de vous dire que mon œil intérieur vous considère toujours aussi entier et intègre qu’à l’époque où j’ai eu la joie de faire votre connaissance. C’est pour moi une honte de ne rien avoir pu obtenir avec vos merveilleuses feuilles. J’ai au moins vécu 6 ans avec elles et souhaite vous en remercier de tout cœur.

Vous n’avez pas pu à l’époque avoir une image de ma femme. Lorsque vous avez fait sa connaissance, elle était dans un moment de forte dépression. Je vous dirai un jour de vive voix sa réelle nature et ce que je lui dois - presque tout. Il faut cependant que vous sachiez que tous deux nous avons vécu avec vos feuilles. Lors de la visite d’amis, le plus beau moment était lorsque nous sortions chercher votre carton à dessin. Pour moi vos lithographies restent pour toujours liées au souvenir de ma femme, d’elles je ne puis dissocier l’illumination de son regard. Depuis son décès je n’avais plus osé ouvrir ce carton à dessins.

Avant de le remettre à mon jeune ami Jasper Woodcock pour son prochain voyage à Aix, j’ai passé encore toute une nuit en compagnie de vos lithographies pour leur dire adieu. Veuillez excusez cette information sur quelque chose qui vous paraîtra étrange voire même embarrassant en relation avec votre œuvre.

Extérieurement je vais vraiment mieux. Je réussis peu à peu à acquitter les dettes de nos difficiles décennies. Je ne pourrai jamais m’acquitter de ma seule vrai dette, celle envers ma femme.

Je suis maintenant décidé à revenir à Aix. Je devrais y parvenir en 1967 et espère alors vous revoir. A Vienne j’ai rencontré, il y a de cela quelques années, Fritz Novotny et avec lui j’étais heureux de faire la connaissance d’un de vos amis.

Jasper Woodcock m’a promis d’entrer en contact avec vous pour vous remettre le carton. Au cas où il ferait preuve de timidité pour s’annoncer, je vous communique son adresse :
– Jasper Woodcock, chez M. Dupin, 11 rue des Epinaux. Aix.

Je vous prie de transmettre mon cordial salut à votre épouse. A vous-même, votre ami reconnaissant vous envoie ses plus cordiales salutations.

Elias Canetti

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